Lass Dich nicht erwischen!

Lass dich nicht erwischen.

Im Rheinland sind wir es gewohnt, dass Menschen auf Bäumen leben. Zumindest in den letzten Jahren. Hambacher Forst. Hambi, wie er so zuckersüß genannt wird. Hambi, das letzte Stück eines großen und alten Waldstückes. Niedlicher Ausdruck. Ausdruck für Menschen auf Bäumen. Wir alle haben noch die Bilder von den schrulligen Catweazles im Kopf (für alle Jüngeren: Catweazle einfach mal googlen). Zu den Catweazles, die das ganze Jahr im Hambi sind, gesellen sich dann noch die Menschen des friedlichen Widerstands in weißen Einmalanzügen (gar nicht öko). Menschen, die in den Tagebau stürmen, sich unnötigen Gefahren aussetzen. Vielfach noch mit Kindern. Aber friedlich. Friedlich in Privatgelänge eingedrungen. Entschuldigung, friedlich reingegangen.

Mir steht es nicht zu, die Intention oder Sinnhaftigkeit dieser Aktionen zu beurteilen. Ich möchte nicht beurteilen, ob es auch "normale" Protestmärsche, sogenannte und wirkliche friedliche Demonstrationen, tun würden, um das Ziel zu erreichen. Wie früher. Stattdessen werden Camps veranstaltet, ja auch wieder in Coronazeiten, in denen man Menschanansammlungen vermeiden sollte; in denen die Teilnehmer das "richtige" und "friedliche" Protestieren erlernen. Daran haben wir uns im Rheinland gewöhnt. Wie an die Catweazles. Wie an die schulfreien Freitage. Obwohl sich die ganze Welt darüber empört, dass wegen Corona zeitweise Schulen geschlossen werden. Aber Freitag, der geht immer. Ist ja Protest. Und Okö!

Den Catweazles und den Menschen in den umweltfreundlichen Einmalanzügen, die vielleicht noch in den günstigen Zelten übernachten, um sie nach dem Camp stehen zu lassen - viele Landeigentümer posteten Bilder von vermüllten Flächen der verlassenen Camps in der Vergangenheit - wird auf der Internetseite der Organisatoren sogar ein Handout mitgegeben, mit welchen rechtlichen Folgen sie bei ihrem Tun zu rechnen haben. Alles jedoch unter der Überschrift des friedlichen Widerstands. Sabotage - Lass dich nicht erwischen!

Seit 35 Jahren bin ich freiwilliger Feuerwehrmann. Habe viel Zeit damit verbracht das zu erlernen, damit ich Menschen in Not helfen kann. Sehr viel Zeit. Und ich verbringe seit vielen Jahren viel Zeit damit, Climacamps und friedliche Proteste rund um die Braunkohlethematik vorzubereiten. 

Wie jetzt? Ich? Ja ich! Ich bin dabei. Ich mache mit. 

Nein, nicht als friedlicher Protestler, der sich vorher das Handout durchgelesen hat, wie ich meine Arme richtig an Eisenbahnschienen kette oder Sabotage, lass dich nicht erwischen! Nein gewiss nicht. Ich nehme als verantwortliche Führungskraft an zeitraubenden Besprechungen teil, damit wir auch während der Zeit dieser unnötigen Camps, zu denen in der Vergangenheit unsere Kolleginnen und Kollegen der Polizei beleidigt, behindert und zig friedliche Catweazles wegtragen mussten - die sich dann auch noch darüber beschwerten, obwohl sie in Privatgelände eingedrungen sind -, die Sicherheit bieten können, die unserem gesetzlicher Auftrag entspricht. Zeit, die mir im vielfältigen Tagesgeschäft fehlt. Für die Camp- und Demoteilnehmer und für die Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Kommunen. Dinge, über die sich die Teilnehmer und Veranstalter keine Gedanken machen.

Rettungsdienst- und Feuerwehrpersonal wird aufgestockt, Zufahrten müssen kontrolliert werden, ob wir sie im Einsatzfall noch nutzen können. Personal wird aufgestockt. Richtig. Menschen, die größtenteils freiwillig (d.h. ohne Entlohnung) ihren Dienst in Feuerwehr und Rettungsdienst versehen. Menschen, die am Wochenende auch gerne bei Ihren Familien wären. Stattdessen stehen Sie bereit, Menschen zu helfen. Den Saboteuren, die sich nicht erwischen lassen sollen. Den Catweazles und den Menschen in den weißen Einmalanzügen, die sich, beobachtet von hoch bezahlten und klatschenden parlamentarischen EU-Beobachtern, die Steilwände der Tagebauten herabstürzen. Auf Straßen und Schienen sitzenbleiben, um von der Polizei weggetragen zu werden. Wie immer. 

Vielleicht denken die Veranstalter und Teilnehmer auch mal daran, wenn sie solche Ferienzeltlager am Wochenende organisieren: an die Menschen, denen sie damit ihre Zeit rauben. Da hilft auch kein Danke und Klatschen von der Bühne, was es am Wochenende sicherlich auch gibt. Demonstrationen gehören zur Demokratie. Aber Sabotage - Lass Dich nicht erwischen und alles was in den Klimacamps gelehrt wird, sicherlich nicht. Aber das wird ja offiziell und medienwirksam abgelehnt. Soll ja friedlich sein. Darum nutzt abwaschbare Farbe. Sonst gibts Geldstrafe. 

Oder ganz einfach: lass Dich nicht erwischen.


Oder noch einfacher: geh erst gar nicht hin!





Dein

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